Oberstufenschüler diskutieren beim Philosophischen Café des Emsland-Gymnasiums über Wahrheit, Lüge und Bullshit.

„Das ist doch Bullshit!“ – das werden die Teilnehmer des Philosophischen Cafés wohl nicht mehr so unüberlegt ausrufen. Zehn Schüler der Oberstufe diskutierten engagiert über den philosophischen Begriff „Bullshit“. Das Emsland-Gymnasium hatte zum „Philosophischen Café“ eingeladen.

Bullshit: wenn die Wahrheit egal ist

Bereits 1986 hatte der US-amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt versucht, eine Debatteüber das  Phänomen „Bullshit anzustoßen“ – zunächst erfolglos. Doch diese Debatte wird geführt, nicht nur am Emsland. Eine ernsthafte Diskussion über den Begriff „Bullshit“? Kann das wissenschaftlich sein und vor allem, was ist Bullshit überhaupt? Der Begriff liegt eng an der Lüge und erklärt sich am leichtesten in Abgrenzung zur Lüge. Unter Leitung der Referenten Sarah Krieger (B.A. Philosophie, WWU Münster) und Sebastian Stachorra (B.A. Philosophie, WWU Münster) diskutierten die Schüler deshalb, welche Kriterien für das Lügen gelten und ob Lügen immer schlecht ist. Lügen sind bewusst geäußerte Unwahrheiten, die etwas verheimlichen oder einer bestimmten Absicht dienen sollen. Damit stehen Lügen in einer direkten Beziehung zu dem, was der Lügner für wahr hält. Genau das gilt für Frankfurts Begriff „Bullshit“ nicht: wer bullshittet, dem ist egal, ob das, was er sagt, wahr oder falsch ist. Wer bullshittet, der will damit eine bestimmte Wirkung bei seinem Publikum erzielen – und diese gewünschte Wirkung verheimlichen. Wie gesagt: Im Unterschied zur Lüge ist dem Bullshitter dabei aber egal, ob der Inhalt seiner Behauptung wahr oder falsch ist.

Das Phänomen ist überall – ob in der Politik oder im Klassenraum

Es gibt sehr viel Bullshit in der Welt, behauptet Frankfurt. Und auch die Schüler des Emsland-Gymnasiums finden sofort Beispiele für Bullshit: in Verschwörungstheorien, populistischen Forderungen von politischen Parteien, der Politik überhaupt. Aber auch im  Alltag, so wird deutlich, begegnen die Jugendlichen viel Bullshit: „Wenn man eine schlechte Note bekommt und sich einredet, dass sei nur, weil der Lehrer einen nicht mag.“, schlägt ein Schüler vor. Und auch Vorurteile werden diskutiert. „Das war spannend, denn darauf bin ich selbst noch nicht gekommen“, gibt Sebastian Stachorra zu, der seine Bachelorarbeit über das Thema Bullshit geschrieben hat.

Auch YouTuberin Bibi gerät unter Bullshit-Verdacht

„Mich freut es, dass die Schülerinnen und Schüler sich in ihrer Freizeit mit Philosophie beschäftigen“, schwärmt Sarah Krieger, Lehramtsstudentin für Philosophie und Französisch. Gut zwei Stunden lang diskutierte die Gruppe. Ihr Wissen konnten die Jugendlichen auch gleich praktisch anwenden: am Beispiel eines Videos der YouTuberin Bibi (BibisBeautyPalace). In nur wenigen Minuten fanden sie gleich mehrere Aussagen, die sie als möglichen Bullshit identifizierten. Ein Bewusstsein für das Thema haben alle Anwesenden allemal erlangt und werden nun mit einem kritischen Ohr durch den Lebensdschungel der Unwahrheiten gehen.