Das Emsland entlässt seine Abiturienten und wird sie vermissen

„Nun ist die Zeit gekommen, herauszufinden, wer man ist, sich auszuprobieren und seinen ganz eigenen ‚american dream‘ zu leben!“ Mit diesen Worten verabschiedeten sich Johanna Hartmann und Sina Puls stellvertretend für die Abiturienten 2017 vom Emsland-Gymnasium. 12 Jahre habe man für die Freiheit gekämpft, mit der ein jeder nun verantwortungsvoll umgehen müsse. Insgesamt 76 Abiturientinnen und Abiturienten erhielten ihre Reifezeugnisse innerhalb der feierlichen Entlassung in der Stadthalle aus der Hand der Schulleiterin Katharina Straßburg-Mulder.

Der ökumenische Gottesdienst in der Jakobikirche errichtete eine Brücke von der Vergangenheit zur Zukunft der Absolventen. Mit dem Ende der Schulzeit würden Türen geschlossen, nicht mit einem Knall, sondern in Frieden, um daraufhin einen inneren Vorgang zu erleben und frei zu sein. „Jetzt ist unsere Zeit, jetzt stehen alle Türen offen“, betonte Sara Streiter in ihren Grußworten. Das Leben öffne nun weit seine Türen und eröffne eine Vielzahl an Wegen. 24 000 Studiengänge und somit 24 000 offene Türen gebe es, wobei höchstwahrscheinlich 23 999 unbeachtet bleiben. Um die zu seinem individuellen Glück führende Tür auch zu finden, erhielt ein jeder Abiturient einen Schlüssel für die Zukunft. Dass ein Neuanfang auch immer mit einem  Abschied verbunden ist, spürten die Zuhörer wie auch die Sängerinnen und der Sänger aus dem Chor der Abiturienten, welcher von Ute Dölemeyer geleitet wurde, selber bei ihren gekonnt und gefühlvoll vorgetragenen Stücken, da bereits die eine oder andere Träne floss.

Die Junior und die Young Band, die erstmalig zusammenspielten, eröffneten unter der Leitung von Juliane Erdmann schwungvoll die Feierstunde in der Stadthalle. Ob das Stück „Mission Impossible“ eine amüsante Anspielung auf das Innenleben der Jahrgangsstufe vor den Abiturprüfungen war, blieb allerdings unbeantwortet.

In seiner Rede für die Abiturienten verwies der Bürgermeister der Stadt Rheine und ehemalige Emsland-Schüler Dr. Peter Lüttmann auf das Motto der Stufe: „Abimerika – 12 Jahre für die Freiheit gekämpft!“. Das Ziel des langen Kampfes, das Abitur, sei erreicht. „Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings sagen, die Arbeit beginnt erst nach einem gewonnenen (Wahl-)Kampf.“ Sicherlich kursierten unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich neuer Ziele und das sei auch gut so, denn 100% Chemiker oder 100 % Historiker seien auch wenig sinnvoll. Seine kurzweilige und humorvolle Rede schloss der Bürgermeister mit den guten Wünschen, Kontakt zu den ehemaligen Mitschülern und als engagierte Bürgerinnen und Bürger zur Stadt Rheine zu halten und sich neue Ziele neben den verdienten Feiern zu setzen. „Legt allerdings die Latte nicht so hoch, dass man nicht herüberspringen kann, aber dennoch so hoch, dass es eine Herausforderung darstellt“.

Mit einem stolzen Blick auf die herausragenden Ereignisse in der Schullaufbahn der Absolventen bemerkte die Elternvertreterin Elke Meis-Möllenkotte, dass die vor acht Jahren noch kleinen und süßen Kinder nun wie verzaubert und „krass groß“ seien. „Ich bin vor allem beeindruckt von dem enormen Engagement der Stufe und den Veränderungen, welche ihr am Emsland erreicht habt. Ihr seid richtig stark und habt mit etlichen Aktionen und Projekten Herzen berührt.“ Sie wünschte den Abiturienten nach den verdienten Feierlichkeiten ein neues Ziel, wofür ihr Herz brenne. Mit einem Augenzwinkern sagte sie, es müsse ja nicht unbedingt nach Amerika gehen, Australien sei auch ganz schön.

Offiziell in die Statistik nahm Stefan Jüttner als Vertreter des Clubs der Ehemaligen die Abiturienten auf. Seine Zukunftsversion eröffnete einen Blick in die Schule im Jahr 2027, in der die neue Generation Schüler mit einem Teach-Operation-System betreut werde. „Dieses System ist mit Sensoren ausgestattet, denen nicht entgeht. Somit wird es nicht mehr möglich sein zu mogeln, zu tuscheln und auch der Wachheitsgrad wird ständig überprüft.“ Die Zukunft überlasse er bei dieser Version gerne den Schülerinnen und Schülern, denn er sei eher old-school und das sei ja auch passender zum Ehemaligenverein, zu dem er herzlich einlud.

In ihrer von Herzklopfen begleiteten, sehr persönlichen und empfindsamen Rede lobte die Schülersprecherin Johanna Bültel das Engagement der Jahrgangsstufe, welches sichtbar über die Grenzen von Schule hinausginge und ließ mit warmen Worten Herzen höher klopfen. Kulturell, sportlich und politisch seien die Abiturienten ihrer Schule eine Bereicherung gewesen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge wünschte sie allen „das Allerbeste, was das Leben zu bieten hat!“.

Den musikalischen Beleg für die zahlreichen Talente der Jahrgangsstufe bot die Band Connected mit ihren Stücken „Tonight“ und „Love Story“, die eine beeindruckende Kostprobe ihres Könnens lieferten und die feierliche Stimmung in der Stadthalle anheizten.

Begleitet von Fotos aus ihrer Schullaufbahn, welche zu etlichen Lachern führten, ließ die Schulleiterin Katharina Straßburg-Mulder einen Rückblick auf acht Jahre Emsland erleben. Es werde ein besonderer Jahrgang verabschiedet, den man definitiv vermissen wird und bei dem man sich bedanken muss. So manche Hürde in der Schullaufbahn sei mit neuer Tatkraft genommen worden. „Als Kind ist jeder ein Künstler, schwieriger ist es, als Erwachsener einer zu bleiben.“, zitierte die Schulleiterin Picasso, um zu verdeutlichen, dass die Abiturienten sich ihre kreativen Visionen für eine alternative Wirklichkeit bewahren und dafür kämpfen sollen. Mit den Worten von Michelle Obama appellierte sie daran, die Hoffnung auf den persönlichen american dream niemals zu verlieren. Alles sei möglich, denn der Jugend gehöre die Zukunft und sie seien die Architekten dieser.

Information:

Besonders geehrt wurden Yvonne Gremme von der Gesellschaft deutscher Chemiker, Till Müller von der Deutschen Gesellschaft für Philosophie und Lukas Ostermann von der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Lukas Ostermann erhält darüber hinaus den Josef-Winckler Preis 2017.